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Bruck an der Mur und der Eisenbahner Musikverein – eine 98-jährige Geschichte

Ein Verkehrsknotenpunkt entsteht

Die Stadt Bruck an der Mur kann auf eine reiche Historie des Verkehrs hinweisen. Gerade die günstige Lage war es, die hier, am Zusammenfluss von Mur und Mürz, eine Stadt erst entstehen ließ.
Die beiden Flüsse waren flößbar und es gab einige zusammenlaufende Verkehrswege, nämlich jene muraufwärts nach Judenburg, murabwärts nach Graz, eine Straße Richtung Mürzzuschlag sowie ein Weg, über den man den Seeberg erreichte. Aus diesem Grund wurde Bruck/Mur zu einem wichtigen Umschlagplatz für Holz, Eisen und Salz, und das bereits in vorrömischer Zeit.
Anfang des 14. Jahrhunderts wurde vom Kaiser verordnet, dass Händler, die durch Bruck durchziehen wollen, eine Nacht in der Stadt verbringen müssen, um ihre Waren den Brucker Bürgern zum Verkauf anzubieten. Dieses sogenannte „Niederlassungsrecht“ ließ Bruck endgültig zu einer Handelsstadt aufsteigen.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam zu den klassischen Verkehrswegen ein weiterer hinzu, nämlich der über die Schienen. Am 21. Oktober 1844 wurde die Strecke Graz-Mürzzuschlag durch Erzherzog Johann feierlich eröffnet. Täglich verkehrten drei Züge auf dieser Linie. Allein von Bruck nach Graz betrug die Fahrzeit damals drei Stunden, im Vergleich dazu benötigt man heute etwa 35 Minuten!

Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Graz-Mürzzuschlag wurde wohl eine Basis zur Gründung der Eisenbahner-Musikkapelle Bruck/Mur ca. 80 Jahre später geschaffen.
Doch zuvor hatte der Vielvölkerstaat Österreich noch ein trauriges Kapitel in der Geschichte zu schreiben…

Bruck/Mur im 1.Weltkrieg

Am 28. Juni 1914 wurde das österreichische Thronfolgerpaar in Sarajewo ermordet. Mit einem Sonderzug wurden die Leichen von Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie von Serbien nach Wien gebracht. Auch Bruck/Mur hatte die Möglichkeit, sich vom Thronfolger-paar zu verabschieden. Als der Zug am 3. Juli von Graz kommend in Bruck einfuhr, begannen in der Stadt alle Glocken zu läuten. Während des kurzen Aufenthaltes wurde dem Hofstaat, der die Toten begleitete, die Anteilnahme der Bevölkerung ausgesprochen. Tausende Menschen hatten sich auf dem Berghang gegenüber dem Bahnhof und auf der Strecke eingefunden, um den Zug zu sehen. Der Bahnsteig war nur für die Geistlichkeit, für die Gemeinderäte, für den Offizierskorps sowie für Vertreter von Behörden und Ämter vorbehalten.

Mit der Ermordung des österreichischen Thronfolgerpaares wurde der 1. Weltkrieg ausgelöst. Bereits am 12. August 1914 machten sich Soldaten des 31. Feldjägerbataillons zum Abrücken nach Gallizien gegen die Russen bereit. Unter großer Anteilnahme der Brucker Bevölkerung wurden die Garnisonen feierlich am Hauptplatz verabschiedet und anschließend zum Bahnhof geleitet. „Das Bataillon zog unter jubelnden Zurufen, die es dankbar und freudig erwiderte, in schier endlosem Zug zum Personenbahnhof. An den Kappen, in den Gewehrmündungen, an den Taschen und Blusen überall Blumen. Das Stadtamt hatte das Bataillon mit Rauchwaren versorgt und die Waggons des Zuges prachtvoll geschmückt. Am Bahnhof war halb Bruck versammelt.“
Wohl alle glaubten in diesen Tagen an einen „Blitzkrieg“ und hofften auf eine rasche Rückkehr der Soldaten. Doch der Krieg sollte mehr als 4 Jahre dauern und 1918 lag das alte Europa in Trümmern. Viele Soldaten verloren in den sinnlosen Schlachten ihr Leben, einige kehrten verwundet und krank die Heimreise an.

Die Abfahrt aus den ehemaligen Kriegsschauplätzen erfolgte größtenteils über die Eisenbahn und es nimmt nicht Wunder, dass viele der Heimkehrer über den wichtigen Knotenpunkt Bruck/Mur fuhren. Einige Soldaten blieben gleich hier, denn in dieser Region fanden sie eine Arbeit. Vor allem die Staatsbetriebe der Post und Bahn nahmen zur damaligen Zeit viele Arbeitssuchende auf.

1920: Gründung des Eisenbahner Musikvereins (EMV) Bruck/Mur

Unter jenen, die sich in Bruck/Mur und Umgebung ansiedelten, waren auch einige sehr gute Militärmusiker dabei. Sie stammten vielfach aus den eben aufgelösten Kronländern der k. und k. Monarchie (Böhmen, Mähren, Bosnien, Herzegowina und andere).

Es war schließlich der einstige Musikfeldwebel Leopold Praschnigg, ein begnadeter Euphoniumspieler und Cellist, der Anfang 1920 eine Kapelle formierte, die Eisenbahner-Musikkapelle.

Offiziell wurde der Eisenbahner-Musikverein Bruck/Mur am 18. Juni 1920 gegründet. Das Gründungsfest fand am 12. September 1920 auf dem Brucker Schlossberg statt, das Eröffnungskonzert wurde am 1. Dezember desselben Jahres im Hotel Bauer von einem Streichorchester gegeben.
Innerhalb des Eisenbahner-Musikvereins wurde nämlich nicht nur ein Blasorchester gegründet, sondern auch eine Jazzkapelle, ein Salonorchester, eine Bauernkapelle sowie der Männer-Gesangsverein mit dem Namen „Flugrad“.

Die Vereinstätigkeit des EMV war in den folgenden Jahren mit Proben und Ausrückungen ausgefüllt. Zahlreiche Reportagen im „Obersteirerblatt“ lassen auf ein reges Vereins-Geschehen in der Zwischenkriegszeit schließen. Wo immer auch Musik angefordert wurde, die Eisenbahner-Musikkapelle war bereit aufzuspielen, sei es zum Abschiedsständchen für einen namhaften Eisenbahner oder zur feierlichen Beisetzung eines Mitgliedes.

Aber auch bei speziellen Veranstaltungen wie dem Gesellenvereinskränzchen, dem Ball der Lokomotivführer, Bedienstetenball, Kameradschaftsvereinsfeier, Papierarbeiterball, Forstlerkränzchen, Grüner Abend des Jagdschutzvereins, Gendarmeriefest usw. sorgte die Eisenbahner-Musikkapelle für die musikalische Umrahmung.

In den Archiven des EMV kann man weiters nachlesen über veranstaltete Frühlings-, Sommer- und Herbstfeste am Brucker Schlossberg, allgemein zugängliche Familienabende mit einem bunten Programm im Hotel zum Bahnhof sowie Frühschoppenkonzerte und Walzerabende im Hotel Bauer. Bei den Brucker Bürgern waren auch die Platzkonzerte in Wohnsiedlungen, am Hauptplatz und am Bahnhofsvorplatz sehr beliebt.
Der EMV organisierte überdies immer wieder Familienausflüge in die nähere Umgebung (St. Jakob-Breitenau, Mitterdorf, Frauenberg, Hochanger, Schweizeben etc.) an dem die Bevölkerung in großer Zahl teilnahm. Dass auch während der Wanderungen fleißig musiziert wurde, versteht sich von selbst.

Der Eisenbahner-Musikverein war aber auch jederzeit bereit, auf Wohltätigkeits-Veranstaltungen aufzuspielen. Am 2. Oktober 1926 wurde der bekannte deutsche Zeppelin-Flugkapitän Dr. Eckener am Hauptplatz in Bruck/Mur empfangen. Am darauffolgenden Tag spielte die Kapelle anlässlich einer Sammlung für ein neues Luftschiff. 1934 musste für die Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr in Bruck ein neues Rettungsauto angeschafft werden.
Die Musiker des EMV trugen ihr Scherflein dazu bei, indem sie unentgeltlich ein Platzkonzert gaben. Musiziert wurde auch, um etwa Lernmittel für bedürftige Schüler aufzutreiben oder für eine Wintersammlung notleidender Brüder.

Das große Orchester des Eisenbahner-Musikvereins um 1932 mit all seinen Gründungsmitgliedern:
1. Reihe von links nach rechts: Binder jun., Laimberger jun., Ribitsch, Gornik, Jelinek, Gusenbauer, Kapellmeister Praschnigg, Obmann Wohratzky, Hoszinak, Koschatzky, Markus, Woldan
2. Reihe: Neubauer, Pommer, Juvan, Fuchshofer, Aigner, Prietl, Knoblauch, Luftensteiner, Fasching, Sterner H., Laimberger, Schleich
3. Reihe: Krappinger, -?-, Sterner M., -?-, Wonisch, Wohlmuth R., Hisch, Kleinholz, Straunbinger, Buda
4. Reihe: Kleindienst, Baier, Oberkirchner, Diregger, Kropf, Wohlmuth F., Strobl, Lietz, Prat
Mit "-?-" versehen bedeutet: leider nicht bekannt

Bruck/Mur im 2. Weltkrieg

Zu Beginn der 30er Jahre wurde der Einfluss der Nationalsozialisten in Österreich allmählich spürbar. Im September 1930 z. B. veranstaltete die lokale NSDAP anlässlich des großen Sieges ihrer Schwesterpartei in Deutschland einen Fackelzug von der Forstschule zum Minoritenplatz unter Mitwirkung der Eisenbahner-Musikkapelle. Im Obersteirerblatt wurde außerdem häufig über Konzerttätigkeiten des EMV am Adolf Hitlerplatz (dem heutigen Koloman Wallisch Platz) berichtet.

Am 4. April 1939 wurde per Gesetz die Aufhebung der Rechtspersönlichkeit und Eingliederung der Österreichischen Staatseisenbahnen in die Deutsche Reichsbahn verordnet. Die Vereinsleitung des EMV wurde mit einem Schreiben vom 14. April 1939 über die erfolgreiche Löschung des Vereines unterrichtet.

Nur vereinzelt wurde noch über einen Auftritt der nun in Reichsbahnkapelle umbenannten Eisenbahner-Musikkapelle in Bruck/Mur geschrieben. Wie z. B. bei einem Gefolgschafts-abend der Beamten des Kreises Bruck im Jahre 1940 oder bei einem Wohltätigkeitsabend für das Deutsche Rote Kreuz mit dem Titel „Kraft durch Freude“ 1943.

„Ein voller Saal würdigte den edelsinnigen Entschluss. Unter der Leitung von Kapellmeister Gusenbauer festigte die Kapelle ihren alten guten Ruf.“

In den darauffolgenden Jahren wurden die musikalischen Veranstaltungen immer seltener, wie man sich aufgrund der allgemein aufkeimenden Untergangsstimmung nur allzu gut vorstellen kann.

Die Entwicklung des EMV nach dem 2. Weltkrieg

Bald nach dem Krieg trafen sich wieder musikbegeisterte Eisenbahner, um gemeinsam zu musizieren. Am 25. Juni 1945 fand die 1. Sitzung einer provisorischen Vereinsleitung statt, an der auch einige Gründungsmitglieder von 1920 teilnahmen.

Unter schwierigen Verhältnissen erfolgte der Wiederaufbau, zumal erst neue Instrumente und Uniformen beschaffen werden mussten. Unter dem ersten Obmann nach dem 2.Weltkrieg, Bahnhofsvorstand Malirsky und Kapellmeister Bartl fand am 20. März 1946 im Brucker Stadtsaal das erste Konzert statt. Der Verein zählte damals über 400 Mitglieder.

1947 trat wieder Stefan Gusenbauer die Kapellmeisterstelle an. Fünf Jahre später wurde die Kapelle neu uniformiert. Der EMV freute sich zu diesem Zeitpunkt über mehr als 1000 unterstützende Mitglieder.

1960 übernahm der Bahnhofsvorstand Heinrich Bonta die Obmannstelle. Während seiner Amtszeit wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um neue Instrumente anzuschaffen. Es wurden viele Konzerte gespielt, einige Sponsoren konnten aufgetrieben werden, und nicht zuletzt auch innerhalb des Vereins war intensives Sparen angesagt, um die ersehnten Instrumente am 24. Mai 1963 in Empfang nehmen zu können. Zwei Tage später konnten die Musiker mit ihrem Kapellmeister Alexander Strobl zur Eröffnung des neuen Bahnhofes durch Bundespräsident Dr. Adolf Schärf ausrücken.

Ein weiteres Highlight in der Geschichte des EMV Bruck/Mur war wohl die Bereitstellung der Musikkapelle anlässlich der elektrischen Inbetriebnahme der Bundesbahnstrecke Bruck-Graz unter Bundespräsident Franz Jonas am 22. Mai 1965.

Im Oktober des Jahres 1984 gab es im Bahnhof Bruck/Mur einen Tag der offenen Tür, an dem die Bevölkerung mit großem Interesse teilnahm. Als Ehrengast war der damalige Verkehrsminister Ferdinand Lacina anwesend.

Drei Jahre später, am 23. Oktober 1987 wirkte der EMV Bruck/Mur beim Festakt zu „150 Jahre Eisenbahn in Österreich“ mit und am 9. Juli 1989 gab es ein großes EMV-Treffen in Velden am Wörthersee, dem der Eisenbahner-Musikverein aus Bruck auch beiwohnte.

Das „Monsterkonzert“ wurde von Generaldirektor Dr. Rudolf Streicher dirigiert.
Viele Brucker und Bruckerinnen erinnern sich auch noch gerne an die Präsentation des Stephansdomes als Lego®-Modell in der Bahnhofshalle von Bruck/Mur am 14. März 1990.

Hoher Besuch war wiederum am 2. September 1994 angesagt. Der damalige Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky beehrte die Stadt Bruck und die Eisenbahner-Musikkapelle empfing den Gast mit einem Ständchen am Bahnhof.

Das Lego®modell des „Steffls“ am Bahnhof Bruck/Mur
Der EMV musiziert für Bundeskanzler Vranitzky

Der EMV/Bruck heute

Seit Jänner 2000 traten junge MusikerInnen des EMV bei diversen Anlässen in kleinen Musikgruppen auf. Dank des Musikunterrichts wuchs die Gruppe der JungmusikerInnen stetig an, sodass sich im Jahre 2003 die erste Jugendkapelle des EMV formierte.

Während eines Auftritts im McDonald`s Restaurant Ende 2005 wurde ein Name für das neue Orchester gesucht und vom damaligen Musiklehrer Roman Gamper und seinem Bruder Michael auch gefunden: „The Young Train Orchestra“, kurz „YTO“. McDonald`s Geschäftsführer Werner Gamsjäger ließ es sich nicht nehmen, die jungen MusikerInnen mit neuen T-Shirts auszustatten.

Auch die Familie Leichtfried (Gasthaus Himmelwirt) sponserte einige dieser Leibchen. Zu jener Zeit spielten bereits mehr als 20 Burschen und Mädchen im Alter von 10 bis 25 Jahren in der neu gegründeten Musikkapelle mit.

Der Aufdruck auf der Rückseite eines YTO- Leibchens

Damals wurde auch die Idee geboren, bei Neujahrs- und Frühlingskonzerten eine sogenannte Mini-Band auftreten zu lassen. Hierfür formierte sich eine kleine Gruppe von vier bis acht ganz junger MusikerInnen mit erst wenigen Unterrichtsstunden. Jeweils zwei gut einstudierte Stücke sollten vor ganz großem Publikum zum Besten gegeben werden. Die Kleinen waren jedes Mal sichtlich stolz auf ihren ersten Auftritt.

Die vergangenen Jahre waren vor allem dadurch gekennzeichnet, Kinder und Jugendliche in das große Orchester des Eisenbahner-Musikvereins einzugliedern. Mit der Zeit wurde es aber immer schwieriger, eine passende Kleidung für sie zu finden. Aus diesem Grund beschloss der Ausschuss des EMV während einer Sondersitzung im Sommer 2009, neue Uniformen für die gesamte Kapelle schneidern zu lassen.

Die renommierte Uniformschneiderin Andrea Sifkovits entwarf, in Absprache mit den Musikern, Jacken und Hemden. Die neuen Uniformen wurden farblich an jene des ÖBB- Personenverkehrs angepasst, nur der Schnitt variierte ein wenig. Kappen und Krawatten konnten direkt bei der ÖBB gekauft werden, da sie nach wie vor gut mit der neuen Tracht harmonierten. Schwarze Hosen und schwarze Schuhe sollten weiterhin von den MusikerInnen beigesteuert werden.

Das traditionelle Neujahrskonzert am 1. Jänner 2010 im Eduard-Schwarz-Haus war ein würdiger Rahmen für die große Präsentation des neu eingekleideten Orchesters .

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